Newsletter im Juni 2022

Nach den Abstimmungen im EU-Parlament (EP) haben sich am 28./29.6 die EU-Umwelt- und Energieminister (Rat) auf eine Position zu den größten Gesetzesvorhaben im Rahmen des Fit-for-55-Pakets geeinigt.

Folgende Konflikte müssen nun im Trilog zwischen Kommission (Kom), Parlament (EP) und Rat gelöst werden (vgl. Newsletter vom Mai zum EU-Verfahren).

Zielsetzung und Auslaufen freier Zertifikate im bestehenden Emissionshandel (ETS) für Industrie und Kraftwerke

Kom: - 61% Emissionen bis 2030; einmalige Reduktion von Zertifikaten um 120 Mio.. Linearer Reduktionsfaktor von 2,2 auf 4,2 Prozent (das heißt, es sollen jährlich 4,2 Prozent weniger Zertifikate auf den Markt kommen)
EP: - 63% Emissionen bis 2030; einmalige Reduktion von Zertifikaten um 70 Mio. in 2024 und 50 Mio. in 2026. Linearer Reduktionsfaktor 4,4 ab 2024, 4,5% ab 2026 und 4,6 in 2029. Reduzierung freier Zertifikate um 7% in 2027 und 9% ab 2028. Ende der freien Zuteilung 2032.
Rat: -61 % Emissionen bis 2030; einmalige Reduktion von Zertifikaten um 117 Mio. Linearer Reduktionsfaktor von 2,2 auf 4,2 Prozent; Reduzierung freier Zertifikate von 2026 bis 2028 jährlich um 5 Prozent, von 2029 bis 2030 um 7,5, Prozent, von 2031 bis 2032 um 10 Prozent, von 2033 bis 2034 um 15 Prozent und 2035 um 20 Prozent. Ende der freien Zuteilung 2035.

Zweiter Emissionshandel für die Bereiche Gebäude und Verkehr

Kom: Start 2027 für alle privaten und kommerziellen Betreiber.
EP: Start 2026 nur für kommerzielle Betreiber und unter Einführung eines Preisdeckels. Einbeziehung privater Betreiber nach Prüfung frühestens 2029.
Rat: Start 2028 für alle privaten und kommerziellen Betreiber; jährlicher Reduktionsfaktor 5,43

Klimasozialfond
Aus den Einnahmen des Emissionshandels 1+2 soll ein Klimasozialfonds eingerichtet werden, aus dem Verbraucher (insbesondere einkommenschwache Haushalte) entlastet und/oder langfristige Investitionen, zum Beispiel in effizientere Gebäude, finanziert werden können.

Kom: Start 2025; Umfang 72,2 Mrd. Euro
EP: Start 2024. Umfang 72,2 Mrd. Euro
Rat: Start 2027 (bis 2032); Umfang 59 Mrd. Euro

Nachdem am 14. Juni zwei Ausschüsse des EU-Parlaments gegen den Rechtsakt zur Aufnahme von Gas und Kernkraft in die EU-Taxonomie gestimmt haben, findet die Abstimmung im EU-Parlament nun voraussichtlich am 6.7. statt. Um die Ablehnung zu erreichen, sind 353 Stimmen nötig.

Die Bestätigung des Rechtsaktes würde es ermöglichen, unter gewissen Bedingungen fossiles Erdgas oder Kernkraft als nachhaltige („grüne“) Investitionen zu etikettieren.

Viele Parlamentarier sehen in der Form des Gesetzesverfahrens als delegierten Rechtsakt das EU-Parlament übergangen. Die Aufnahme von Gas und Kernkraft in die EU-Taxonomie sei eine wesentliche Frage und dürfe somit nicht über einen delegierten Rechtsakt erlassen werden. Falls das EU-Parlament diesen dennoch durchwinken sollte, haben Österreich und Luxemburg  angekündigt, zu klagen.

Unter anderem Fridas for future ruft dazu auf, Abgeordnete des EU-Parlaments, deren Ablehungen noch nicht sicher, ist per E-Mail dazu anzuschreiben.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) hat Stellung zum nationalem CO₂-Budget bezogen, wie es dem Klimaschutzgesetz nach dem Bundesverfassungerichtsurteil zugrunde gelegt werden soll. Das SRU leitet aus den sektorscharfen Zielen des Klimaschutzgesetzes ein CO2-Restbudget von etwa 6 Gigatonnen CO₂ ab. Laut SRU verfolgt die Regierung damit mit einer Wahrscheinlicht von 67 % ein 1,75° Ziel.

Wenn Deutschkand aber ein vergleichbares 1,5-Grad-Ziel (ebenfalls mit einer Wahrscheinlichkeit von 67%) ein einhalten wollte, so dürften nur noch 2 Gigatonnen CO₂ ausgestoßen werden. Das Ziel der Treibhausgasneutralität müsste damit in weniger als 3 Jahren erreicht werden (entgegen dem Ziel der Bundesregierung von 2045). Offizieller Maßstab ist ein nationales CO₂-Budget in der Politik aber bisher nicht.

Die Gruppe "Transformations Uni 2.0." hat vom 20. - 27. Juni den Hörsaal 1010 der Universität Freiburg besetzt. Sie fordert von der Universitätsleitung die Ausrufung des sozial-ökologischen Notstands und eine krititische Reflektion über die Rolle von Universitäten angesichts der voranschreitenden Klimakatastrophe. Die Besetzung hat eine breite Debatte in und über die Uni hinaus ausgelöst. So hat Stefan Pauliuk, Professor für Stoffstromanagement, sie zum Anlass genommen, ein Konzeptpapier mit konkreten Vorschlägen für mehr Nachhaltigkeit an der Uni Freiburg zu verfassen. Auch Niko Paech, Postwachstumökonom an der Universität Siegen, hat sich zu Wort gemeldet. Ihm gehen die Forderungen nicht weit genug und er regt stattdessen eine Diskussion über das Verbot von Flugreisen, den Stop von universitären Neubauten und eine Kehrtwende bei der Internationalisierung des Studiums an. Unter den zahlreichen Solidaritätsbekundungen aus dem In- und Ausland findet sich auch eine von Wolfgang Cramer, der seit 1998 Beiträge für den IPCC liefert und am 6. Sachstandsbericht als Leitautor für die Arbeitsgruppe 2 fungiert hat. Nach seiner Auffassung müssen sich Universitäten weltweit stärker bei der ökologischen Transformation einbringen.

Nach dem es am ersten Abend spontan zu einer Podiumsdiskussion mit Mitgliedern des Rektorats kam, sind die Gespräche in den darauf folgenden Tagen zum Erliegen gekommen. Die Rektorin soll gesagt haben, dass sie nicht mit Menschen rede, die Recht brechen. Das Verlassen des Hörsaals war Bedingung für weitere Gespräche mit Rektorat und Senat.

Verschiedene Medien berichteten über den Vorfall: SWR, baden.fm und RDL.

Am 20.06. hielt unser Mitglied Volker Quasching, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin, einen Vortrag zum Thema "Zeitenwende und Klimakrise – Warum wir jetzt eine richtige Energierevolution brauchen". Dabei wies er auf die vielfältigen Bedrohungen durch die globale Erderwärmung hin, präsentierte aber auch eine Reihe von Vorschlägen und Konzepten, die zeigen, wie die Transformation, insbesondere im Energiesektor, gelingen kann. Während des Vortrags entlarvte er auch Scheinlösungen und pochte darauf, dass die Transformation aus finanzieller und technischer Sicht möglich sei, aktuell aber noch der politische Wille dafür fehle.

Der Vortrag wurde von den Students for Future Freiburg organisiert. Er wurde aufgezeichnet und kann jederzeit gestreamt werden. 

Die Initiative "Statt Tunnel" eruierte die Möglichkeiten einer City-Maut am Beispiel von Freiburg: Für die Verkehrswende ist eine deutliche Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs bis 2030 notwendig. Wie Beispiele anderer europäischer Städte, wie z.B. Untersuchungen aus Stockholm zeigen, kann eine sozialverträgliche, zweckgebundene City-Maut helfen, den PKW-Verkehr deutlich zu reduzieren. Die technische Betreuung der Veranstaltung wurde von Klimaschutz im Bundestag übernommen.

Der Klimaschutz im Bundestag e.V. (früher CO2 Abgabe e.V.) sucht für die Führung des Vereins eine*n Geschäftsführende*n Vorständ*in mit kommunikativen Fähigkeiten zur Vertretung des Vereins nach Innen & Außen. Schwerpunkt der Vereinsarbeit ist die Weiterentwicklung der Maßnahmenpakete der Initiative „Klimaschutz im Bundestag“ im Dialog mit Ministerien, Verbänden und Mitgliedern des Deutschen Bundestages zu konkreten Gesetzesentwürfen.

Nach Angaben des RENEWABLES 2022
GLOBAL STATUS REPORT betrug der Anteil der Erneuerbaren Energien im Jahr 2020 am Endenergieverbrauch weltweit 12,6%. 2009 waren es bereits 8,7%.

So hoch war der Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch in Deutschland in der ersten Jahreshälfte.

wurden am 19.6. laut DWD sowohl in Dresden-Strehlen als auch in Cottbus gemessen. Es waren die höchsten Werte deutschlandweit

Der Juni 2022 war der  sechstwärmste Juni seit Messbeginn.

Das Klimacamp Freiburg wird am 02. Juli aufgebaut und feiert seine Eröffnung am Sonntag, den 03. Juli mit einer kleinen Feier. Das Camp steht mitten in der Stadt auf dem Rathausplatz und ist zunächst bis 2032 angemeldet.

Inhaltlich setzt sich das Camp mit der sozial-ökologischen Transformation auseinander. Die Forderungen richten sich nicht nur an die kommunale Ebene, sondern auch an nationale und internationale Gremien und Entscheidungsträger*innen.

Zahlreiche für den Klimaschutz wichtige Gesetzvorhaben sollen im Rahmen des Osterpakets noch vor der Sommerpause verabschiedet werden

Dazu gehört u.a. die Gesetzesvorlagen „Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“, aber auch ein Gesetz zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten, das am 8.7. auch auf der Tagesordnung des Bundesrates steht.

Die Stadt, der Verkehr und das Tempo: Wie kann die Mobilitätswende beschleunigt werden?

Unsere Kolleg*innen von Agora Verkehrswende sprechen u.a. mit Sybille Keupen (OB Aachen) über die aktuellen Probleme bei der Verkehrswende: Planung, Beteiligung, Genehmigung, Finanzierung, qualifiziertes Personal – an vielen Stellen kann es zu Engpässen und Verzögerungen kommen. Wie es trotz dieser Widrigkeiten schnell voran gehen kann, soll während der Veranstaltung diskutiert werden.